Kölner Stadtanzeiger vom 11.02.2003

11.02.2003

Ausstellungskritik

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Schöne Diagramme der Bilder und Fakten

Rudolf Bonvie in der Galerie Krips

Ein Künstler reflektiert die Zeichen, Kurven und Tabellen des Aktienmarkts.

VON SUSANNE BOECKER

Spekulieren, Kaufen, Gewinnen - gegen Ende der 1990er Jahre war der Handel mit Aktien zu einem regelrechten Volkssport geworden. Dann stellten die Kurven ihre immer zackigeren Höhensprünge plötzlich ein, die Aktien stürzten in den Keller, Dax und Nemax sorgten nur noch für negative Schlagzeilen. Zeit für Rudolf Bonvie, das Börsengeschehen auf unkonventionelle Weise zu durchleuchten. In seinen 2001 und 2002 entstandenen "Börsenarbeiten" präsentiert uns der Kölner Fotokünstler (Jg. 1947) einen abgeklärten Blick auf den Wertpapierhandel und unterzieht das Geschäft der Analysten einer künstlerisch-formalen Analyse.

Dabei stützt sich Bonvie auf vorhandenes Bild-, respektive Faktenmaterial. Aus den Diagrammen der Internetseiten verschiedener Wirtschaftsportale kopierte Bonvie die Symbole, die zur Illustration der Aktienkurse genutzt werden, heraus und setzte sie digital zu grafischen Fotoarbeiten zusammen. So reduzierte er das "Geschehen" auf seine drei Grundspielarten: steigend, fallend, gleich bleibend.

Für die Darstellung dieses Grundmusters der Weltwirtschaft genügten ihm drei Formen: Pfeil nach oben, nach unten, nach rechts. Und drei Farben: Grün, Rot, Grau. Ob Pfeilformationen auf gelbem Grund, waagerecht verlaufende Strichcodes oder stufenhaft nuancierte Farbfelder - stets formieren sich abstrakte Bilder für abstrakt bleibende Vorgänge. Dass auch die vermeintlich großen Namen im Grunde nur Nummern sind, demonstriert Bonvie in der Arbeit "Handelsblatt". Hier montierte er Screenshots von der Homepage des Handelsblattes zu einem patchworkartigen "Who is Who" an der Börse: CargoLifter, Bertelsmann, Siemens, UTMS, Microsoft, T-Online und so weiter.

Unsichtbares Geschehen

Auf der Bildtafel drängen sich die Logos dicht an dicht, einige durchzuckt von den fiebrigen Kurven ihres Werteverlaufs. Die Labilität des globalen Handelsnetzes dokumentieren einige Aufnahmen des brennenden World Trade Centers, die das Handelsblatt im September 2001 anstelle der sonst üblichen Logos veröffentlichte. Rudolf Bonvie beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Prozessen der Wahrnehmung und kreist dabei um gesellschaftskritische wie kunsttheoretische Fragestellungen. In seinen "Börsenarbeiten" gelingt ihm das Kunststück der Visualisierung eines unsichtbaren Geschehens in abstrakten Bildern.

Galerie Krips, Albertusstr. 9-11, di-fr 13-19, sa 11-16; bis 25. 2.



Datenbank KSTA
Dokumentennummer: KS-02-11-2003-0802000AD408